Schüleraustausch - In der Gastfamilie

Das Leben in der Gastfamilie: In diesem Textauszug aus dem Buch "Abenteuer High-School: Der Ratgeber für ein High-School-Jahr, weltweit" von Jack Harte erfährst du alles rund um das Thema Gastfamilie. Vom Kennenlernen bis zum gemeinsamen Zusammenleben.

Das Kennenlernen – Vorstellung und Wirklichkeit

Im Idealfall wisst ihr schon mehrere Wochen vor eurer Abreise, in welcher Familie ihr euer Austauschjahr verbringen werdet. Dann könnt ihr bereits im Voraus Kontakt aufnehmen und solltet euch nicht scheuen, eurer »neuen« Familie mit Bildern und Informationen über euch einen ersten Eindruck zu verschaffen. Im Gegenzug bekommt ihr so auch die Möglichkeit, etwas über diese Familie zu erfahren. In den meisten Fällen werdet ihr erst relativ kurzfristig den Bescheid erhalten, dass eine Familie für euch gefunden wurde. Das Kennenlernen eurer Gastfamilie gehört somit sicherlich zu den spannendsten und aufregendsten Ereignissen eures Austausches. Abhängig von der Dauer eures Aufenthaltes werden diese Menschen womöglich eure engsten Kontakt und Bezugspersonen werden. Deshalb solltet ihr keine zu konkreten Erwartungen an die Familie stellen. Denkt nur einmal an die Vielfalt in den Familien in eurem Bekanntenkreis: Vielleicht ist eine sechsköpfige darunter oder eine zweiköpfige, bestehend aus allein erziehendem Elternteil und Kind. Die Möglichkeiten sind sehr verschieden und mit ihnen auch die Lebensweisen. Kommt ihr in eine Familie mit vielen Kindern, teilt ihr euch das Zimmer möglicherweise mit euren Gastgeschwistern. Das kann in manchen Situationen anstrengend sein, bietet daneben aber auch den Vorteil, dass immer etwas los ist und ihr auf Anhieb Kontakte zu mehreren Personen aufbauen könnt. In einer kleineren Familie ist die Beziehung dafür vielleicht inniger, vorausgesetzt, ihr versteht euch gut. Hat diese Familie dann aber kein Kind in eurem Alter, seid ihr in Schule und Freizeit mehr auf euch gestellt. Miteinander leben: Ihr solltet grundsätzlich bereit sein, euch dem Leben der Gastfamilie anzupassen. Schließlich seid ihr Gast in einer fremden Kultur, von der ihr etwas lernen möchtet. Das Aufstellen klarer Regeln kann Missverständnissen vorbeugen. Bittet am besten gleich zu Beginn eurer Zeit in der Gastfamilie um ein Gespräch, in dem eure Gastfamilie euch über ihre Erwartungen aufklärt. Bestimmt seid ihr auch von zu Hause gewisse Regeln gewohnt, die in eurer Gastfamilie jedoch ganz anders aussehen können. Zudem werdet ihr unter Umständen völlig neue Erziehungsmethoden und Formen des Umgangs miteinander erfahren. Manche werdet ihr schätzen lernen, andere vielleicht verfluchen. Hilfreich ist es sicherlich, die Augen gerade in den ersten Wochen offen zu halten, um zu beobachten, wie ein gewöhnlicher Tag in der neuen Familie abläuft und wer welche Rollen und Aufgaben übernimmt. So gelingt es vielleicht schneller, sich in die Gastfamilie zu integrieren. Es kann sein, dass ihr im Haushalt mehr machen müsst, als ihr es von zu Hause gewohnt seid, oder ihr werdet nur ganz selten eingebunden. Vielleicht gibt es sogar eine Haushälterin, die sich um solche Belange kümmert. Auch die Freizeitgestaltung spielt eine große Rolle. Es gibt Familien, in denen das Wochenende oder die Abende ganz im Zeichen gemeinsamer Unternehmungen stehen und beispielsweise viel Zeit mit sportlichen, kulturellen oder religiösen Aktivitäten gefüllt ist. Andere wiederum lassen euch in eurer Freizeitgestaltung völlig freie Hand. Dabei ist es gut möglich, dass ihr – im Gegensatz zu euren Freunden und anderen Austauschschülern – selbst entscheiden könnt, wann ihr des Nachts nach Hause zurückkehrt oder aber abends sehr früh wieder zu Hause sein müsst. Bedenkt bei allem Unmut über diese euch womöglich übertrieben scheinende Haltung, dass eure Gasteltern für euer Wohl verantwortlich sind und dass sie euch noch nicht gut genug kennen, um einschätzen zu können, wie ihr in brenzligen Situationen reagiert. Manch einer weiß sicherlich, wie ängstlich die eigenen Eltern sind. Auf euren Gasteltern lastet nun eine ähnliche Verantwortung. Sie übernehmen diese sogar freiwillig, deshalb solltet ihr ihnen ein gewisses Verständnis entgegenbringen. Eure Freizeitmöglichkeiten richten sich natürlich auch ein wenig nach eurer neuen Umgebung. Je nachdem, ob ihr aus einer Groß- oder Kleinstadt kommt, werdet ihr gewisse Wunschvorstellungen von eurer neuen Wohngegend und Stadt haben. Doch auch hier solltet ihr auf alles gefasst sein: von einer kleinen Wohnung in einer anonymen, riesigen Wohnanlage bis zum vermeintlich einsam gelegenen Haus im Wald ist alles möglich!

Probleme und Lösungen

Die genannten Beispiele stellen Extreme dar, aber so gewinnt ihr einen Einblick in die vielfältigen Möglichkeiten, die eine fremde Familie bieten kann. Die Umstellung auf die neue Umgebung und die ungeläufigen Lebensgewohnheiten wird eine Weile dauern, aber einen ähnlichen Prozess durchläuft auch eure Gastfamilie und so solltet ihr euch das Miteinander so einfach wie möglich machen. Toleranz, Akzeptanz, Kompromissbereitschaft, Anpassungsfähigkeit und Offenheit sind unabdingbare Eigenschaften, die ihr auf euren Ausflug in die große, weite Welt mitnehmen müsst. Nur wenn ihr euch derer sicher seid, solltet ihr euch für ein Auslandsschuljahr bewerben. Trotzdem werdet ihr immer mal wieder an einen Punkt kommen, an dem ihr größtmögliches Verständnis und Toleranz aufgebracht habt, aber mit einer bestimmten Situation einfach nicht zurechtkommt. In der Andersartigkeit der Kulturen liegen viele Missverständnisse begründet, die unter Umständen ein einvernehmliches Miteinander gefährden. Ihr solltet deshalb versuchen, ihnen entgegen zu wirken, indem ihr eurer Gastfamilie erklärt, mit welchen Konventionen und Verhaltensweisen ihr aufgewachsen seid. Scheut euch vor allem nicht wegen mangelnder Sprachkenntnisse vor einem (möglicherweise heiklen) Gespräch. Schließlich bietet euch eure Gastfamilie ein Zuhause für einen längeren Zeitraum, in dem ihr euch möglichst wohl fühlen solltet. Ihr macht euch nur selbst das Leben schwer, wenn ihr Probleme die ganze Zeit über mit euch herumtragt. Seid ihr zum Beispiel das ständige Tiefkühlessen oder die stets aufgetischten Bohnen-Reis-Mahlzeiten leid, dann schlagt doch vor, mal ein typisch deutsches Gericht zu kochen. Wenn das auch eurer Gastfamilie schmeckt, habt ihr ihnen nicht nur eine Freude bereitet, sondern ihnen auch etwas von eurer Kultur nahe gebracht – und ganz nebenbei mal wieder etwas nach eurem Geschmack essen können. Natürlich gilt es, Kritik möglichst vorsichtig zu formulieren. Auch wenn ihr es von euren Freunden und der Familie gewohnt seid, Kritik offen und geradeheraus zu äußern, solltet ihr euch immer auch in die Lage der Familie versetzen und andere nur so behandeln, wie ihr selbst behandelt werden wollt. In jedem Fall wird euch diese Erfahrung sehr gut auf das Zusammenleben in einer WG während der Ausbildung oder des Studiums vorbereiten!

Aus: „Abenteuer High School - Der Ratgeber für ein High-School-Jahr weltweit“ Jack Harte

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